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München, Gelb und Grün

  • Writer: Dana Wedowski
    Dana Wedowski
  • Jul 27, 2020
  • 2 min read

Ich wohne an einem Bahnübergang. In Köln, am Hansaring, konnte ich mir nichts Schlimmeres vorstellen als an einem Bahnübergang zu wohnen. Mit Blick auf dieses Gleis, vor meinem inneren Auge immer verregnet, mit Menschen, die die Bahn verpassten und warteten, Stunde um Stunde, und Betrunkenen die auf die Gleise zu taumeln drohten, und dem Lärm der S-Bahn und monotonen Ansagen. In München ist das anders. Die Sonne steht hoch über dem hübschen Kirchturm, St. Margarete, und strahlt die sandfarbenen Häuser an und die gelben und die weißen und die Bäume und Gräser entlang der Feuerwehrzufahrt, in der alle Anwohner parken. Der Asphalt des Wendehammers ist mit Betonkieselsteinen bedeckt und das Knirschen unter meinen Schuhen erinnert mich an Zuhause, an das Rennen und Fallen und Knie-Aufschlagen und die quietschenden Bremsen eines Kinderfahrrads.


Meine Großeltern, Eltern meiner Mutter, wohnten an den Gleisen. Erkrath, bei Düsseldorf, eine immer zugige Küche – ich muss mir die Hände gegen Ohren und Augen pressen, um dort zu sein, zwischen den Vorhängen (gelb? Meine Erinnerung ist gelb), gekipptes Fenster, kniend auf einem Küchenstuhl aus Wachs (grün?), und wenn ich hier meine Balkontür öffne, um das Vogelzwitschern zu hören, dann höre ich die Züge, nicht das verhasste Geräusch meiner Pendlerzeit, sondern das Rattern aus dem Küchenfenster, vom Hochhaus aus herabblickend, als Züge noch etwas Faszinierendes waren und ich mir nicht die Hand vor Augen pressen musste, um meine Großeltern zu sehen. Eine leichte Niktotinnote, natürlich, meine Oma raucht aus dem Küchenfenster hinaus.


Meine Kollegen rauchen, fast alle, alle die, mit denen ich am Meisten zu tun habe. Vogelgezwitscher in unserem Garten Zuhause, als die Wiese noch kein mediterraner Hof, sondern eine Wiese war, mit Terrasse, auf der meine Oma im Plastikgartenstuhl sitzt und raucht und ich weglaufe und verächtlich rufe, ich wäre allergisch gegen den Rauch. Ich habe noch nie eine Zigarette in der Hand gehalten, aber ich stehe mit draußen, in dem kleinen Hof in der Lindwurmstraße, und atme tief durch die Nase ein, aus dem Mund aus, wie ich es beim Laufen sollte, aber nicht kann. Tröstlicher Geruch, nicht alle Marken, ich weiß nicht welche es ist. Meine andere Oma raucht bestimmt ein Jahr nicht mehr.

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