Sommer: Mücken & Balkonleben
- Dana Wedowski
- Jun 27, 2021
- 3 min read
Ein fieses, blutrot gefülltes Insekt starrt mich von meinem Unterschenkel aus an. Jetzt bevölkert das Ungeziefer schon die U-Bahn. Als ich es wegscheuchen will, umschwirrt es mich penetrant. Auf dem Weg zum Büro spüre ich schon ein ominöses Pieksen am Bein, am Schreibtisch lässt sich durch die Strumpfhose – ja, das Biest hat sich durch eine Stoffschicht gebohrt – bereits eine weiß-rote Erhebung erkennen. Ich vertrage keine Mückenstiche. Glücklicherweise erleide ich keine allergischen Schocks, bei mir schwellen die Stiche einfach überproportional an, jucken unglaublich, strahlen abnormale Hitze aus und verteilen sich wie ein bösartiger Ausschlag. Einmal war ich mit meinen Eltern in London und trug einen Stich am Knie mit mir umher, der im Laufe der Tage förmlich mein Bein hinunter wanderte, bis er auf meinem Knöchel saß (das klingt jetzt eklig, und das war es auch. Sowas von). Im Italienurlaub mit meiner besten Freundin kippte ich Antihistaminka wie Apfelsaft und benutzte Kortisoncreme wie Sonnenmilch, trotzdem schwoll mein Fuß elefantös an, sodass jeder Schuh eine Qual war und die stechende Sonne auf einem Spaziergang durch die Stadt mich zum Weinen brachte. Während ich also heulend auf einem Sockel saß und mich von amerikanischen Touristen begaffen ließ, lief meine Freundin zur Apotheke um die Ecke und besorgte mir zwei Zauberdinge: Eine Packung Kortisontabletten, die in Deutschland verschreibungspflichtig sind, und ein Kühlpad mit Klettband. Meine Mutter verbat mir, die Tabletten einzuwerfen, und so liegen sie noch heute ungeöffnet in meinem Kinderzimmer. Das Kühlpad wohnt in meinem Münchener Kühlschrank und ist absolut unersetzlich geworden. Ich nahm es mit zum Strand und schnallte es mir um den hochgelegten Fuß, wann immer ich konnte. Nachts schlief ich damit. In jedem Sommer der folgenden Jahre gab es mindestens einen Anlass, mir das gute Stück ums Bein oder den Arm zu winden (übrigens auch bei Impfungen super, wenn der Muskel schmerzt). Ich sollte mir neue Fenestil-Tropfen besorgen. In Italien nahmen meine Freundin und ich beide welche (sie hat eine Sonnenallergie) und mussten nie mehr als ein Glas Pfirsichwein trinken, um bis Mitternacht vollkommen ausgeknockt zu sein. Ausgenockt? Knock out. Nicht Grießnockerln. Ei weh.
Produktiven Feiertag gehabt: White Collar bei Cappuccino geschaut, mehrere Blogposts hochgeladen / eingeplant, draußen Eis gegessen (Wild Rose, sehr interessant), neue Schuhe ausgeführt (die Sandalen, die mir mit Strümpfen immer von den Füßen rutschen: Sie halten barfuß astrein, habe jetzt allerdings zwei riesige Blasen, wo die Bänder einschneiden. Lösung: Durchsichtige Pflaster?), Balkon vom gröbsten Dreck und Unrat des Winters befreit (wie kann der Winter bis Juni gedauert haben?). Letzteres tat ich bewaffnet mit Müllbeutel, Handfeger, Besen und Staubsauger. Ich habe nämlich Rollrasen auf meinem Balkon, also so eine Art Teppich. Das erschien uns im letzten Jahr super schick (den Balkon zu beleben war ein romantisches Projekt, weil wir schließlich nicht ins Kino gehen konnten. Wir haben direkt den Beziehungsstatus „gemeinsamer Baumarktbesuch am Samstag“ erreicht), jetzt haben sich darin aber sämtliche Überbleibsel von Pflanzen, Stürmen und Erdplünderungen (vorwurfsvoll an die freche Amsel gerichtet) gesammelt. Meine Vision, alles entspannt mit dem Sauger zu entfernen, lief nur mäßig gut (zu viel Saft, und ich locke alle Spinnen unter dem Rasen hervor, zu wenig und ich kann es gleich lassen). Jetzt weiß ich, warum man Teppiche früher ausklopfte. „Dann mach das doch“, sagte T, als ich ihm diesen genialen Plan unterbreitete. „Ich fand, das wäre mehr so eine Paar-Aktivität“, sagte ich.
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