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Treats for Lunch, 05.05.21

  • Writer: Dana Wedowski
    Dana Wedowski
  • May 10, 2021
  • 4 min read

Was für ein Morgen! Im Dunkeln das richtige Outfit aus dem Schrank gegriffen (kleines Schwarzes, beige Kastenbluse). Erst einmal Stäbchen in die Nase schieben (neuerdings ein wöchentliches Firmengeschenk). Nach der linken Seite musste ich schon niesen, was ich als Zeichen dafür werte, diesmal tief genug gewesen zu sein (drei Zentimeter sind weit mehr, als ich angenommen hätte), nach der rechten tränten meine Augen, aber es ist immer wieder befriedigend, einen negativen Streifen auf einem Test zu sehen. Dann begab ich mich hinaus in den strömenden Regen zur U-Bahn, sah dabei einen Schäferhund bei der Morgentoilette auf der Wiese – ein abstrakter Anblick, und mein Mitleid an alle Hundebesitzer, die bei diesem Wetter langsam vor sich hin spazieren müssen – und fand bereits nach zwei Stationen einen Sitzplatz. Am Sendlinger Tor suchte ich mein Buch (The Beautiful and Damned, was ich ja unbedingt weiterlesen wollte, ist aus unerfindlichen Gründen nicht mehr darin. Mysteriös!) und hielt stattdessen den Autoschlüssel meines Freundes in der Hand, den ich selig wiedereinschlummernd im warmen Bett zurück gelassen hatte. Schrieb ihm ein sehr unflätiges Wort, um meine Umkehr anzukündigen (dummerweise braucht er sein Auto, um zur Arbeit zu kommen). Schlechtes Gewissen, weil ich ihn in den Regen scheuchte, und Resignation, weil ich definitiv nicht pünktlich sein würde. Ich habe mir aber abgewöhnt, deswegen hysterisch zu werden, weil man es als Bahnfahrer schlicht nicht ändern kann. Trotz Overknee-Stiefel, die im Mai eigentlich nicht mehr notwendig sein sollten, vollkommen durchnässt in die Firma gestolpert und tatsächlich nicht mehr als zehn Minuten zu spät. Sollte regulär drei Bahnen später nehmen, es scheint auszureichen. Wie gut, dass ich ein paar Slingbacks in der Schublade deponiert habe.



Erstes Erfolgserlebnis: Konsens bezüglich schwieriger Überschriftenlage erreicht. Ich habe gestern zwanzig Entwürfe geschrieben, die alle ein bestimmtes Wort enthielten, das mir am Ende unglaublich befremdlich vorkam (kein unanständiges Wort). Diskutierte die Geschichte gestern Abend bei Smoothie und Sushi mit T (ich habe momentan einen unbändigen Heißhunger auf das Sushi von Ngon Vietnam Streetfood, aber dazu gleich mehr), er sagte „Verschlingung“ und das Wort „Masche“ erschien in Neon-Lettern vor meinem inneren Auge und war genau das, was ich gesucht hatte. Bekämpfte erfolgreich den Drang, mir die Teams-App zu wünschen, um den Geistesblitz direkt anstelle der mittelmäßigen Vorschläge, die ich zuvor noch abgegeben hatte, anzubringen.

Jetzt hat mein Handy nur noch zehn Prozent Akku. Wie kann das sein, wenn es die ganze Nacht am Stecker hing? Handykäufe sind so unglaublich belastend.

Die Tochter meines Vermieters rief mich aus heiterem Himmel an. Ich kannte die Nummer nicht, ging also eher vorsichtig mit Nachnamen ran. Außerdem hörte ich zwar schon andere Kollegen private Gespräche annehmen, aber Probezeit. Sie sagte mir Ihren Namen, es gehe um meine Wohnung, und ich dachte nur „Umfrage“, „Immobilienhai“, „Trickbetrüger“. „Haben wir uns schon einmal gesprochen?“, fragte ich. Ja, sagte sie, und dann kam es mir: Bei unserem einzigen Telefonat hatte sie fast geweint, denn ihre Mutter war gestorben und sie wollte mich über die neue Kontoverbindung informieren. Kam mir äußerst grob vor, sie diesmal wie eine Verbrecherin zu behandeln. Versuchte, freundlich ins Telefon zu hauchen, als sie nach Problemen mit der Wohnung fragte, klang wahrscheinlich, als würde ich gerade von meinem Dealer mit einer Waffe bedroht werden. Das wäre jetzt natürlich die perfekte Gelegenheit gewesen, das Ameisenproblem anzubringen. Was tat ich? Ich sagte „Alles gut“ und verabschiedete mich gepresst. Aber hätte ich a) die arme Frau damit belasten sollen und b) in Hörweite meiner Kollegen von den ekligen Ameisen, die in meiner Küche rumlaufen, erzählen sollen? Werde ihr besonders liebenswürdig auf die nachfolgende E-Mail antworten.

Das Ameisenproblem ist mir ein Gräuel. Ich möchte vorwegschicken, dass ich zwar nicht die Königin der Haushaltsführung bin, aber durchaus nicht im Dreck zu hausen pflege. Es begann letztes Jahr im Bad. Zufällig genau zwischen meinen ersten Dates mit T. – das Schicksal brachte uns direkt in eine gemeinsame Krisensituation (ich bekam die Krise, T. war tiefenentspannt, und vielleicht verliebte ich mich ein bisschen in ihn, weil ich umgekehrt wahrscheinlich die Flucht ergriffen hätte. Obwohl ich bei den Krisen anderer Leute meistens auch nonchalanter bin als bei meinen eigenen). Die Ameisen kamen aus dem Waschbecken – man könnte meinen, ein Ort der Reinheit und ohne jeglichen Reiz für hungrige Insekten. Ich wurde von einem Hass ergriffen, den man seiner Nemesis vorbehalten würde. Mit dem Staubsaugerrohr rückte ich allem zu Leibe, was sich bewegte (und holte dabei eine Menge stinkenden Schlamms aus dem Abflussrohr, woraufhin mein Staubsauger drei Monate lang bei Benutzung einen beißenden Geruch verbreitete), wie besessen verteilte ich Köder, Essigtücher, Backpulverkreise. Nach kurzer Zeit war der ganze Spuk vorbei und ich konnte wieder Zähne putzen, ohne mich vor Ekel zu schütteln. Dieses Jahr, genau um dieselbe Zeit, stand ich auf der Leiter um mir Mehl aus dem Küchenschrank zu holen, warf einen Blick zu Boden und fiel beinahe hintenüber: Ein, wie mir schien, ganzer Schwarm Ameisen tummelte sich zu meinen Füßen vor dem Müllschrank unter der Spüle. Fluchend wie ein Kesselflicker brachte ich sie alle mit routinierter Technik um. Wir holten ein Überbleibsel der Köder hervor und brachten es in der sagenumwobenen Lücke unter dem Kühlschrank (verdeckt von einer fragwürdigen Plastikfolie im Holzlook, ich schaue niemals darunter) an. Am nächsten Tag erschlug ich nur eine einzige Ameise und freute mich meines Lebens. Mehr Tage später, am Feiertag, begegnete ich vieren ihrer Freunde auf MEINER ARBEITSPLATTE. Sie wollte in die Spüle fliehen, ich ertränkte sie gnadenlos. Neue Falle, Essiglappen, Backpulverhügel. Manischer Anfall von Putzwut in der Küche, ich rückte den Umrandungen sogar mit Zahnstochern zuleibe. Bestellte das ganze Wochenende lang Sushi, um weder Müll noch Essen in direkter Nähe zu den Krabbeltierchen zu produzieren.



Jetzt verlangt mein Magen nach nichts anderem mehr und ich werde verarmen. Kochte vorgestern im Eiltempo Nudeln mit Spinat, spülte direkt danach ab, verschwendete keine Zeit mit krümelnden Gewürzen und aß geschmacklosen Spinat mit halbgaren Nudeln. Als T gestern für eine Nacht nach Hause kam, ertrug ich den Gedanken an aufwändige Kocherei mit Ölspritzern und Soßenflecken und Zwiebelschalen nicht und orderte erneut bei Ngon Vietnamese Street Food, um Essen auf den Tisch zu bringen. Wir aßen mit den guten Stäbchen. Anschließend hatte T noch Hunger und orderte ein Subway-Sandwich, zwei Stunden später Ben & Jerrys. Bin verständnisloser denn je gegenüber ehemaligen Klassenkameraden, die sich in unserer Heimatstadt niederlassen. Da gibt es zwar einen Subway, aber der liefert nicht. Geschweige denn frisches Sushi, das so herrlich nach Meer und Fisch und kaltem Wasser schmeckt und satt macht ohne Völlegefühl. Avocado, Thunfisch, Lachs, Shrimp, Surimi. Ich könnte schon wieder.

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