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Treats for Lunch, 18.05.21

  • Writer: Dana Wedowski
    Dana Wedowski
  • May 25, 2021
  • 4 min read

Bin ich die Einzige, die ein Problem damit hat, Ihren Abend produktiv zu gestalten? Gestern wagte ich bereits einen spektakulären Zwischenstopp auf dem Heimweg und stieg am Goetheplatz aus der U-Bahn, um mein Pillenrezept abzuholen. Es regnete auf widerlich fisselige Art und der Himmel zog sich über der großen Kreuzung, an der man mit anderen Menschen wie im Siedlertross gen Westen wartet, bedrohlich dunkel zusammen. Ich schaffte es bis zum Burritoladen, an dem ich scharf rechts musste, dann begann es in großen Tropfen zu schütten. Ich rettete mich in das Treppenhaus der Gynäkologin, rutschte beinahe auf der Abtropfplatte aus (die sollte nicht wirklich nicht so glatt sein, sonst verfehlt sie den Zweck) und zerrte meine Haare unter meinem Jackenkragen hervor, die bereits die Feuchtigkeit absorbierten und sich in lustige Locken legten. Die Tür zur Praxis musste durch ein kompliziertes Verfahren geöffnet werden (klingeln und selber drücken) und als ich es endlich begriffen hatte, stieß ich sie mit so einer Wucht auf, dass alle Köpfe in meine Richtung flogen. „Hallo“, sagte ich würdevoll. Naja, so würdevoll, wie man hinter einer schnabeligen FFP2-Maske nur sein kann.



Nach erfolgreicher Rezeptabholung hing ich noch eine Weile im Treppenhaus herum, denn die Welt stand weiterhin unter Wasser. Als die Sonne rauskam und alles tropfnass glitzerte, traute ich mich bis zur nächsten Ecke und wartete eine gefühlte Ewigkeit hinter einem Mann, der scheinbar eine achtköpfige Familie mit sehr speziellen Wünschen mit Burritos versorgen musste – in solchen Momenten denke ich gemeine Dinge wie „Es sollte verboten sein, als einzelne Person so viel hintereinander zu bestellen“, was Quatsch ist, denn die komplette Familie hätte ich auch nicht vor mir in der Schlange haben wollen. Doch es ist ein bisschen wie an der Supermarktkasse, wo man den Großeinkauf verflucht, den die Mutter vor einem macht, wenn man selber nur ein Glas Ovomaltine in der Hand hält und in zwei Minuten aus dem Weg wäre (wahre Geschichte). Als ich endlich meinen Guac Attack in die Tasche steckte, hatte ich weder Lust, einzukaufen, noch, mein Rezept tatsächlich einzulösen (hoffentlich regnet es heute Abend nicht, wenn ich das alles nachholen muss) und eilte nach Hause, um die Nanny zu schauen und dabei gierig den Burrito in mich hineinzustopfen. Im Food Coma musste ich zwei weitere Folgen schauen, bevor an etwas anderes zu denken war, dann hatte ich Lust auf Süßigkeiten und keine im Haus. Draußen gewitterte es erbarmungswürdig, dreimal blitzte es direkt vor meinen Augen, sodass ich meine Steckerleiste ausschaltete und mich fragte, ob der Blitz mich treffen oder erst Feuer auf dem Balkon auslösen würde (vollkommener Quatsch wahrscheinlich, ich wohne nicht einmal unter dem Dach, ein neues Kriterium für die Wohnungssuche). Deshalb knickte ich ein und nutzte die Gorillas App, obwohl mich deren aggressive Werbestrategie nervt und ich zumindest die regionalen Ableger riesiger Supermarktketten weiter unterstützen sollte. Es ist schon ein bisschen peinlich, eine Schachtel After Eight und eine Packung Kinderschokolade ins Haus kommen zu lassen, wenn man keine fünf Minuten vom Supermarkt entfernt wohnt und jung und gesund ist. Aber es fühlt sich an wie Fortschritt – das gibt es auch nur in der Großstadt, und mal wieder frohlocke ich ob meiner Weisheit, mein Geld in eine kleine Wohnung zu investieren, die ich im Regen nicht verlassen muss, statt in einen Quadratmeterpalast in meiner Heimatstadt, in der die Pizzerien erst nachmittags aufmachen und man keine anständige Bowl bekommt (T hatte sich geweigert, meinen Taco Bowl Vorschlag in Angriff zu nehmen, und hat stattdessen welche bestellt, sodass wir nicht einmal spülen mussten. Was für ein Mann). Mit Nervennahrung bewaffnet, schaffte ich es zumindest, ein weiteres Tagebuch nach relevanten Einträgen für mein Schreibprojekt durchzusehen, nicht aber, diese in Word zu übertragen – um halb zehn erfasste mich eine unglaubliche Müdigkeit und ich machte mich bettfertig, hing allerdings bis elf noch rum, schrieb einen einzelnen Gedankenblitz zu einem Mini-Absatz zusammen und schlief fast acht Stunden.


Zumindest mein Wochenende war nicht ganz so ereignislos. Am Samstag verfiel ich zwar kurz in eine Quarter-Life Crisis, was aber auch damit zusammenhängen könnte, dass ich Wäsche falten so sehr hasse und sich die Klamotten in meinem Schrank unästhetisch türmen, da ich weder alle Sommersachen hinein- noch alle Wintersachen hinausräumen kann, solange das Wetter sich so ziert und ich in Winterpullis und Sommerröcken zur Arbeit gehen muss. Abends trank ich ein Glas Weißwein zum Skype-Doppeldate und tippte einige Tagebuchpassagen in mein Projekt-Dokument, hielt inne, um philosophische Fragen zu erörtern und hörte erst auf, als ich um zwei Uhr morgens an der letzten Seite des rosafarbenen Notizbuches angelangt war. Eine Frage für alle: Wenn Sie an länger zurückliegende Beziehungen zurückdenken, inwiefern hat sich Ihre Sichtweise darauf verändert? Empfinden Sie diese Veränderungen als positiv oder negativ? Würden Sie es anders machen, wenn Sie zurückgehen könnten? Das waren nun drei Fragen, aber es ist für einen guten Zweck.


Sonntag spazierten wir durch Miesbach – ein schnuffiges Städtchen mit vielen Schuhläden, Trachtenschneidern und Schmuckschaufenstern. Interessanterweise befindet sich der wahre Stadtkern unterhalb des etwas trostlosen Platzes, auf den man zunächst stößt. Als wollten sie sich die Touristen vom Leib halten und den malerischen Teil nur für die wahren Bewohner nutzen. Zurück im Hotel (erlaubt da geschäftlich) nutzten wir den ungewohnten Zugang zu regulärem Fernsehprogramm und schauten eine Dokumentation über sehr schwere Menschen, wofür ich mich ein bisschen schäme, noch mehr allerdings dafür, dass ich danach eine riesige Portion grüner Bergkäsespätzle beinahe ganz verdrückte. Die waren einfach köstlich, sobald es wieder geht, lege ich die Küche vom Bayerischen Hof Miesbach jedem ans Herz. Gin Basil Smash als Cocktail ist immer noch nicht hundertprozentig mein Geschmack, sieht aber mit seiner blassgrünen Färbung sehr hübsch aus. Taylor Swift schallt durch das leere Restaurant und ich lehne mich an T, sobald mein System des Gin gewahr wird und Wackersteine in meinen Kopf legt. Er findet es immer sehr witzig, wie schnell ich den Alkohol merke, ich finde es ökonomisch wertvoll.


Im Fernsehen lief die zweite Hälfte von Chocolat, einem Film, den ich seit dem Französischkurs der achten Klasse nicht gesehen habe und immer wieder anschauen wollte (leider nicht kostenlos streambar). „Das ist Orlando Bloom“, sagte ich, als der Schönling mit dem Zopf erschien. „Das ist Johnny Depp“, sagte T. Stille. „Das ist Johnny Depp“, sagte ich. Meine Güte, ist der jung. Beziehungsweise, meine Güte, ist der jetzt alt. Naja, beide waren in Fluch der Karibik. Im Spätprogramm kam „Der Butler“, was weitaus deprimierender war, dennoch kein schlechter Film, nehme ich an. Es ist mir nur so unverständlich, wie grausam die Menschheit ist und wie kürzlich sich so vieles ereignet hat, was man gerne in die Vergangenheit abschiebt.


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